Page 34 - Tirol Kommunal
P. 34

  LEERSTAND IN ORTSKERNEN IST GROSSES PROBLEM FÜR GEMEINDEN
DEM FLÄCHENFRASS
ENTGEGENTRETEN
 Das eigene Haus ist nach wie vor die beliebteste
 Wohnform in Tirol. Das schafft langfristig Probleme.
 Architektinnen und Architekten unterstützen Gemeinden
 beim Kampf gegen Zersiedelung und Leerstand.
 Insgesamt 60 Prozent der Tirolerin- nen und Tiroler leben in Ein- oder Zweifamilienhäusern und 60 Pro-
zent der jährlich bewilligten Neubau- ten sind Ein- oder Zweifamilienhäuser. Wobei eine Person heute durchschnitt- lich 44 Quadratmeter Wohnfläche in Anspruch nimmt – in den 1970er-Jah- ren war es noch die Hälfte. Gleichzei- tig nehmen die Single-Haushalte öster- reichweit zu. Bereits 2030 dürften sie die Hälfte der Haushalte ausmachen, etwa 70 Prozent der Alleinlebenden werden dann über 65 Jahre alt sein.
Zahlen, die unterstreichen: Flächen- fraß auf der grünen Wiese und Leer- stand speziell in den Ortskernen gehö- ren zu den großen Herausforderungen für die Tiroler Gemeinden.
Weitere Problemfelder
„Die Zersiedelung, die in vielen Regi- onen stattgefunden hat, ist nicht mehr
rückgängig zu machen“, sagt Christian Höller, Sektionsvorsitzender der Archi- tekten der Kammer der Ziviltechniker- Innen für Tirol und Vorarlberg.
Während sich Dörfer immer weiter in bisher unbebauten Raum dehnen, veröden ihre Zentren. Vielerorts schlie- ßen Geschäfte, stehen Gasthäuser
und Pensionen leer, da sie heutigen Anforderungen nicht mehr entspre- chen. Immer öfter leben ältere Perso- nen allein in großen Häusern, weil die Kinder in urbane Regionen ziehen,
die ursprüngliche Nutzung nicht mehr gegeben ist. Die Instandhaltung bringt viele an ihre Grenzen. Die meisten in den 1960er- und 1970er-Jahren errich- teten Gebäude sind zudem sanierungs- bedürftig.
Alternativen aufzeigen
„Bei der Bevölkerung Bewusstsein für die Thematik zu schaffen, ist
ein wichtiger Schritt“, betont Höller. Gemeinden könnten als Schnittstelle, als Servicestelle fungieren, Leerstände in den Dorfzentren ansprechen, sich mit Eigentümern austauschen, die eine Neu- oder Nachnutzung anstre- ben und sie mit Interessenten zusam- menbringen.
„Dazu gehören auch Überlegungen, welche neuen Wohnformen für Tirol passend erscheinen. Das reicht von der Übersiedlung der Bewohnerinnen und Bewohner in eine kleinere Einheit bis hin zur Anpassung frei werdender Gebäude an neue Nutzungsbedingun- gen“, unterstreicht Robert Traunmüller von Energie Tirol.
Die Energieberatungsstelle des Lan- des Tirol stellte ihren Energiedialog im Jänner 2019 unter das Motto „Tausche Einfamilienhaus gegen Wohnung“. Dabei zeigte sich, dass durch die star- ke Zunahme an Wohnnutzflächen ein
-34-
TIROL.KOMMUNAL APRIL 2019












































































   32   33   34   35   36