TKOM_Produktionsvorlage_06_2018_web - page 12

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iese Frage stellt sich dann,
wenn – wie erst kürzlich
geschehen – die hindernislose
Passierbarkeit etwa durch die Errich-
tung eines Zauns in Frage gestellt
wird. Für Wege, welche auf Almen,
in Jagdgebiete oder auf den Gipfel
eines Berges führen, gilt dabei grund-
sätzlich dasselbe wie für jeden ande-
ren Weg: Benützen darf diese neben
dem Eigentümer lediglich, wer über
ein entsprechendes Recht zur Benüt-
zung verfügt. Von diesem Grundsatz
bestehen jedoch einige, praktisch sehr
bedeutsame Ausnahmen: Nach §33
ForstG besteht ein subjektiver öffent-
lich-rechtlicher Rechtsanspruch auf
ein Betreten des Waldes, zu welchem
auch Forststraßen zählen. Jedermann
darf den Wald zu Erholungszwecken
betreten und sich darin aufhalten. Das
Betretungsrecht des Waldes umfasst
auch das Schifahren, nicht jedoch
etwa das Befahren von Forststraßen
mit KFZ oder Fahrrädern oder die Nut-
zung einer solchen als Schipiste.
Außerhalb des Waldes besteht – so-
fern man sich nicht im Ödland befin-
det – kein allgemeines Betretungs-
recht. Das bedeutet, dass (private)
Wege durch Wanderer grundsätzlich
genauso wenig begangen werden dür-
fen wie Schipisten durch Tourengeher.
Vielmehr kann der Eigentümer jedem
die Benützung derselben untersagen.
Da zahlreiche Wege – etwa zu Almen
– beinahe „immer schon“ begangen
wurden, sind Grundeigentümer häufig
mit einer sogenannten „Dienstbarkeit
zugunsten der Allgemeinheit“ belastet:
Als Träger eines solchen Servituts wird
vom OGH in erster Linie die Gemeinde
gesehen, aber auch alpine Vereine
oder Fremdenverkehrsverbände kön-
nen unter Umständen Rechteinhaber
sein (vgl. 3 Ob 203/07k). Vorausset-
zung für den Erwerb einer Dienst-
barkeit ist eine durch eine Vielzahl
von Personen ausgeübte Benutzung
des Weges über eine 30-jährige (bzw.
gegenüber juristischen Personen des
öffentlichen und privaten Rechts
40-jährige) Dauer. Zudem ist erforder-
lich, dass der Wille am Besitz dieser
Dienstbarkeit entweder etwa in Form
einer entsprechenden Beschilderung
oder den Ausweis des Weges in einer
Karte zum Ausdruck kommt.
Anknüpfend an die eingangs aufge-
worfene Frage kann somit festgehalten
werden: Dort, wo die Allgemeinheit
„immer schon“ gegangen ist, wurde
aus der Gewohnheit tatsächlich ein
Recht. Wird dieses durch den Grund-
eigentümer beeinträchtigt, kann in der
Regel die Gemeinde bei Vorliegen der
oben beschriebenen Voraussetzungen
mittels Besitzstörungs- oder Servituts-
klage vorgehen.
NICHT JEDER WEG IN TIROL DARF EINFACH BESCHRITTEN WERDEN – ES GIBT KLARE REGELN
ÜBER GE(H)RECHTE
IM
ALPINEN RAUM
Auf kaum etwas sind wir Tiroler so stolz wie auf unsere Berge. Das Bergsteigen erfreut sich
ebenso großer Beliebtheit wie neuerdings etwa das Skitourengehen oder das Mountainbiken.
Fast schon selbstverständlich gehen wir dabei davon aus, dass dort, wo ein Weg besteht, dieser
auch begangen oder – sei es mit Skiern oder dem Fahrrad – befahren werden darf. Doch verleiht
diese „Gewohnheit“ auch ein „Recht“?
MMAG. DR. EDUARD
WALLNÖFER
Rechtsanwalt
Fallmerayerstraße 8, 6020 Innsbruck
Tel. +43 512 56 60 00
RAA MMAG. DR. JOHANNES
AUGUSTIN
Rechtsanwaltsanwärter
Fallmerayerstraße 8, 6020 Innsbruck
Tel. +43 512 56 60 00
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