Page 47 - Tirol Kommunal 06 2019
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 Entwicklung ab. In der historischen Betrachtung zeigte sich, „dass gute Städte nicht einfach so gewachsen, sondern gut und nachhaltig geplant, gebaut und später verdichtet wurden“. Auf heutige Gemeinden umgelegt – seien es städtische oder ländliche –, bedeutet dies, dass sie Expertenteams bräuchten, um gemeinsam die Orts- entwicklung voranzutreiben. „Archi- tektinnen und Architekten, Fachleute für Raumplanung und Städtebau sind kompetente Ansprechpartner, wenn
es darum geht, Orte soziologisch und nachhaltig gut weiterzuentwickeln“, sagt Christian Höller. Auch Ökologie und Soziologie, Verkehrsplanung und Ökonomie sollten, so Volker Miklautz, einbezogen werden, wenn es darum geht, zeitgemäße Ansätze der Dorfge- staltung zu finden.
Neue Plätze entstehen
Zeitgemäß kann dabei einfach bedeu- ten, sich wieder auf Strukturen zu besinnen, wie sie auch in frühen Städten zu finden sind: Ein Zersie- delungsstopp schützt das Grünland um die Gemeinde. Zugleich werden die Ortskerne verdichtet und wieder mit vielfältigen Nutzungen versehen, sodass neue Straßen und Plätze für das öffentliche Leben entstehen. Ein dichtes Netz an Gehwegen und Rad- wegen muss Vorrang vor dem Ausbau von Autostraßen haben. Wo Sack- gassen und Zäune Barrieren darstel- len, sollte fußläufige Durchlässigkeit geschaffen werden. Auch komme es fast mehr auf die Frage an, „um wel-
chen Platz sich die (neuen) Gebäude scharen“, als auf die Gebäude selbst, meint Volker Miklautz.
Mehr Urbanität für Klimaschutz
Brauchen also gerade ländliche Gemeinden mehr Urbanität? Was zunächst paradox klingt, hat viele Vorteile. Das öffentliche Leben ver- lagert sich aus den Gewerbezonen wieder in die Dörfer selbst. Kurze Wege innerhalb einer Gemeinde – zwischen Wohnhäusern, Geschäften, Cafés, Ämtern, Bildungs- und Freizeit- einrichtungen – werden eher zu Fuß oder mit dem Rad erledigt. Am Beste- henden weiterzubauen statt immer größere Gebiete zu erschließen, schont zudem Finanzen und Ressour- cen. Im Endeffekt ist also eine gut durchdachte Raumplanung auch ein Mittel zum Klimaschutz und damit ein gangbarer Weg zur Erhaltung von Natur, Landschaft und lebendigen Dörfern.
ARCHITEKT DIPL.-ING. CHRISTIAN HÖLLER
Sektionsvorsitzender ArchitektInnen der Kam- mer der ZiviltechnikerInnen für Tirol und Vorarlberg
ARCHITEKT DIPL.-ING. DR.TECHN. VOLKER HANS MIKLAUTZ Mitglied des Sektions- und Kammervorstan- des der Kammer der ZiviltechnikerInnen für Tirol und Vorarlberg
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KAMMER DER ZIVILTECHNIKERINNEN FÜR TIROL UND VORARLBERG TEL. +43 512 588 335 ARCH.ING.OFFICE@KAMMERWEST.AT WWW.KAMMERWEST.AT
 Beispiel Patsch: Rund um einen großzügigen Dorfplatz sind neue und revitalisierte Bauten Anziehungspunkte für das öffentliche und gesellschaftlichen Leben. Die archi- tektonische Planung übernahmen Todorka Iliova und Raimund Wulz.
   AUS DER PRAXIS




















































































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