Page 41 - Tirol Kommunal 04 2020
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über. Der Gemeinde steht der volle Vorsteuerabzug für die Errichtung und den Betrieb der Anlage zu.
Die Stromlieferungen in das öffent­ liche Netz und damit an ein Elektri­ zitätsunternehmen unterliegen nicht der Elektrizitätsabgabe.
Beispiel 1
Die Gemeinde hat auf dem Dach des Gemeindeamtes eine Anlage montiert. Das Gebäude ist zu 30 Prozent dem Unternehmen und zu 70 Prozent dem Hoheitsbereich zuzuordnen (Misch­ objekt). Es wird ein Volleinspeiser­ vertrag abgeschlossen. Die Gemeinde erzielt mit der Anlage jährliche Ein­ nahmen von 8.000 Euro.
Die Frage, ob Anlagenerrichtung und ­betrieb zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist ausschließlich nach den Einnahmen aus dem Stromver­ kauf zu beurteilen. Die Einnahmen sind von wirtschaftlichem Gewicht.
Die Gemeinde ist zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt. Die Ein­ nahmen sind umsatzsteuerpflichtig und die Umsatzsteuer geht auf den Abnehmer über.
Überschusseinspeiser
Hier ist zu unterscheiden:
˹ Soweit der mit der Anlage pro­
duzierte Strom unmittelbar hoheitlichen Zwecken dient (z.B. unmittelbare Versorgung eines Amtsgebäudes mit Strom), ist die Stromproduktion der hoheitlichen Sphäre zuzuordnen und steuerlich unbeachtlich.
˹ Soweit der mit der Anlage produ­ zierte Strom unmittelbar einem bestehenden Betrieb gewerblicher Art dient, ist die Stromproduktion diesem Betrieb gewerblicher Art zuzuordnen.
˹ Soweit der mit der Anlage pro­ duzierte Strom in das Stromnetz eingespeist wird und die Tätigkeit von wirtschaftlichem Gewicht ist (Einnahmen mind. 2.900 Euro),
liegt ein eigener Betrieb gewerbli­ cher Art vor.
Ist die Abgrenzung nicht mög­
lich oder zumutbar, kommen die Grundsätze für die Beurteilung von Mischbetrieben zur Anwendung. Der Vorsteuerabzug steht jedenfalls nur insoweit zu, als der Strom gegen Entgelt ins Netz eingespeist bzw.
für einen steuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art genutzt wird.
Hinsichtlich des Anteils der An­ lage, der zur Gewinnung von Strom für hoheitliche Zwecke dient, steht der Vorsteuerabzug nicht zu. Dieser Anteil ist – wenn er bei Anlagen­ errichtung nicht feststeht – zu schät­ zen; spätere Änderungen sind mittels Vorsteuerberichtigungen zu korrigie­ ren. Nachdem das BMF Photovoltaik­ anlagen als bewegliche Wirtschafts­ güter einstuft (Umsatzsteuer­Protokoll 2012 zu Vermietung einer Solar­ anlage), ist der umsatzsteuerliche fünfjährige Berichtigungszeitraum maßgeblich. Daran ändert auch die erlassmäßige Abschreibungsdauer von 20 Jahren nichts.
Elektrizitätsabgabe
Der Verbrauch von selbst erzeugtem Strom ist seit 1.7.2014 bis 25.000 kWh pro Jahr von der Elektrizitäts­ abgabe befreit (zuvor bis 5.000 kWh); ab Überschreiten dieser Freigrenze unterliegt bis 31.12.2019 der gesamte selbst erzeugte und (hoheitlich oder erwerbswirtschaftlich) verbrauchte Strom der Abgabe. Die Abgabe beträgt 0,015 Euro je kWh.
Beispiel 2
Die Gemeinde hat auf dem Dach des Gemeindeamtes eine Anlage montiert. Das Gebäude ist zu 30 Prozent dem Unternehmen und zu 70 Prozent dem Hoheitsbereich zuzuordnen (Misch­ objekt). Es wird ein Überschuss­ einspeiservertrag abgeschlossen. Die Anlage leistet 30.000 kWh im Jahr. Die Hälfte davon wird im Gemeinde­
amt verbraucht und die andere Hälfte wird verkauft. Die jährlichen Einnah­ men betragen 6.000 Euro.
Die Frage wieweit Anlagenerrich­ tung und ­betrieb zum Vorsteuerab­ zug berechtigen, bemisst sich nach dem Verhältnis der hoheitlichen Eigennutzung zur betrieblichen Eigen­ nutzung samt Verkauf. Die Hälfte der Anlage ist vorweg unternehmerisch (Verkauf – Betrieb gewerblicher Art). Die Eigennutzung beträgt 50 Prozent und davon sind 30 Prozent dem pri­ vatwirtschaftlichen Bereich zuzuord­ nen. Im Ergebnis errechnet sich für die gesamte Anlage ein unternehmeri­ scher Anteil von 65 Prozent.
Die Gemeinde ist zum Vorsteuer­ abzug im Ausmaß von 65 Prozent berechtigt. Änderungen hinsicht­
lich der Nutzung sind innerhalb des Beobachtungszeitraums von vier Jahren (bei beweglichen körperlichen Gegenständen) zu berichtigen. Die Einnahmen sind umsatzsteuerpflich­ tig und die Umsatzsteuer geht auf den Abnehmer über.
Der selbst verbrauchte Strom über­ steigt nicht die Freigrenze von 25.000 kWh/Jahr und ist zur Gänze von der Elektrizitätsabgabe befreit.
Elektrizitätsabgabe – unbeschränkte Befreiung von selbsterzeugtem und -verbrauchtem Strom
Ab 1.1.2020 wird auch die jährlich bilanziell nachweisbar selbst ver­ brauchte elektrische Energie befreit, soweit sie mittels Photovoltaik von Elektrizitätserzeugern, auch von Erzeugergemeinschaften, selbst erzeugt und nicht in das Netz einge­ speist, sondern selbst verbraucht wird (§2 Z4 ElAbgG idF SteuerreformG 2020). Eine bloße Streichung der Begrenzung von 25.000 kWh wurde in Anbetracht des breiten Anwen­ dungsbereichs als nicht finanzierbar bezeichnet (Erläuternde Bemerkun­ gen). Dazu wurde nun vom BMF eine Elektrizitätsabgabe­Umsetzungsver­
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  AUS DER PRAXIS





































































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