Page 26 - Tirol Kommunal 05-2020
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 ASSLINGS ALT-BÜRGERMEISTER WÜNSCHT SICH MEHR SELBSTÄNDIGE GEMEINDECHEFS
REVOLUTIONÄRER GEIST
MIT GROSSER WIRKUNG
 Er ist und war ein Mann klarer Worte, der sich nie den Mund verbieten
 hat lassen. Damit ist der frühere Asslinger Bürgermeister Walter
 Annewandter bei der politischen Obrigkeit durchaus auch angeeckt.
 „Damit konnte ich gut leben. Denn ich habe mir stets meine politische
 und finanzielle Unabhängigkeit bewahrt“, sagt der Ehrenringträger
 des Tiroler Gemeindeverbanes im Gespräch mit tirol.kommunal.
 VON PETER LEITNER
Ja, man könne ihn durchaus als Revoluzzer bezeichnen, meint der heute 82-jährige Annewand- ter rückblickend auf sein politisches Wirken. Das gewissermaßen schon mit einem Paukenschlag begann.
Annewandter erinnert sich zurück: „Ich kam mit 22 Jahren als Junglehrer an die einklassige Volksschule Bann- berg, in der mehr als 30 Kinder von sechs bis 14 Jahren unterrichtet wur- de. Meine Heimatgemeinde Assling ließ das Schulhaus allerdings total verkommen. Und auch die damals zur Hilfe verpflichtete Agrargemeinschaft Bannberg leistete keine Hilfe.“
Der Junglehrer wollte sich das nicht gefallen lassen, studierte die Tiroler Gemeindeordnung – und fand dort einen Paragrafen, wonach ein Bürger mit Unterschriften von zumin-
dest einem Viertel des Gemeinde- rates eine Sitzung des Kommunal- parlaments erzwingen kann. „Also ergriff ich die Initiative und konnte
Der damalige Bürgermeister drehte regelrecht durch, als ich als Junglehrer die Gemeinderatssitzung erzwungen hatte. Vorher hatte ich die Tiroler Gemeindeordnung studiert.
dem damals bereits altgedienten Bürgermeister meinen von drei Räten unterfertigten Antrag bezüglich der
Volksschulrenovierung übergeben. Der Bürgermeister drehte regel-
recht durch, drohte sogar mit Rück- tritt. Letztlich wurde die Schule aber saniert“, berichtet Annewandter nicht ohne Stolz.
Die damalige Erfahrung prägte seine weiteren Verfahrensweisen laut eigenem Bekunden über Jahrzehnte: „Ich habe gesehen, dass man auch als Einzelner ein Ziel erreichen kann, auch gegen den Widerstand von Obrigkeiten aller Art.“
Man schrieb schließlich das Jahr 1992 als es in Assling die erste Bür- germeister-Direktwahl gab – und das gleich mit vier (!) Kandidaten. „Drei Lehrer und ein Normaler kandidieren hieß es damals“, lacht Annewandter, der im ersten Wahlgang mit sie-
ben Stimmen Rückstand Platz zwei
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TIROL.KOMMUNAL OKTOBER 2020












































































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