Page 27 - Tirol Kommunal 05-2020
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  Walter Annewandter prägte viele Jahre das kommunalpolitische Geschehen in seiner Osttiroler Heimatgemeinde Assling.
erreichte. Die nötige Stichwahl ent- schied er dann wiederum mit sieben Stimmen Vorsprung für sich, war damit neuer Gemeindechef.
Seinen Direktorenposten, den er inzwischen in der Schule bekleide- te, legte er sofort zurück: „Es war
für mich eine Selbstverständlichkeit, mich voll auf das Bürgermeisteramt zu konzentrieren. Auch wenn ich auf
einen Schlag 10.000 Schilling weni- ger verdient habe, hat‘s zum Leben gereicht.“
Schier legendär wurde auch der erste Auftritt Annewandters auf einer Zusammenkunft des Tiroler Gemein- deverbandes. Denn dort kritisierte
er mit scharfen Worten das niedrige Lohnniveau für Tirols Bürgermeister. Von einer „himmelschreienden Sünde, den Bürgermeistern ihren gerechten Lohn vorzuenthalten“ sprach Anne- wandter. „Viele Großbürgermeister mit guten Nebenjobs fürchteten nega- tive Auswirkungen. Völlig zu Unrecht, denn als ich nach meiner Wahl 1992 meinen Bezug in Höhe von 1.280 Euro netto öffentlich machte, konnte es die Öffentlichkeit kaum glauben, dass die Summe so gering war“, sagt Annewandter. Der es auch war, der als Gemeindeverbandsvertreter in Osttirol mehrere kompetenten Bür- germeisterkonferenzen organisierte: „Dazu kamen auch der damalige Präsident und der Geschäftsführer des Verbandes. Auch Landesrat Konrad Streiter und der damalige Finanzchef Helmut Praxmarer reisten an. Beim Bezirkshauptmann stießen diese Ini- tiativen auf wenig Gegenliebe.“
Was Annewandter wenig küm- merte. Denn für ihn war immer klar: „Politisch und finanziell unabhän- gig, nur dem Gemeinwohl und nicht einzelnen verpflichtet, in der Sache objektiv und uneigennützig – dann Braucht der Bürgermeister keine Man- datsmehrheit, die ich übrigens nie hatte. Ein bisserl rebellisch und auch
mächtig muss ein Gemeindechef aber schon sein. Sonst ist er kein Macher. Und genau die braucht es! Ich habe einst schon bei meiner Antrittsrede gesagt, dass ich es nicht allen recht machen will. Denn das geht gar nicht.“
Von seinem 30. bis zu seinem 66. Lebensjahr (mit einer Periode Aus- zeit) diente Annewandter seiner Hei- matgemeinde. Sein Credo war dabei stets: „Die Meinung der Bürger erfährt man auf der Straße und im Gasthaus, bestimmt nicht in den offiziellen Sprechstunden.“
Als sich der kritische Geist zum Rücktritt entschloss, erwischte er damit politische Gegner wie Freun- de am völlig falschen Fuß. „Ich hatte meine große Leidenschaft ausgeübt, mir einen Jugendtraum erfüllt. Es war dann an der Zeit, dass ich mich um meine Familie kümmere.“
Und heute? „Ich mische mich nir- gendwo mehr ein. Leider haben aber viele Bürgermeister den Ansatz, einen Doppelverdienst zu wollen. Deshalb regieren in den Gemeinden oft die Sachverständigen. Und ich persönlich habe die so genannten Gutachter oft als Bösachter bezeichnet, diese wäh- rend meiner Amtszeit häufig ohne Ergebnis nach Hause geschickt. Wenn aber, so wie heute, zu viel delegiert wird, entscheiden letztlich die Bös- achter. Ich für meinen Teil habe mich gegen die Obrigkeit immer gewehrt. Und das muss so sein, wenn es um das Gemeinderecht geht.“
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  AUS DEM LAND





















































































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