Page 41 - Tirol Kommunal 06 2019
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  Christoph Carotta (links) und Prof. Dr. Helmut Schuchter wissen, worauf es bei einer erfolgreichen Einführung der VRV 2015 ankommt.
  lung mit drei Rufezeichen versehen: Der Umgang mit den Abschreibun- gen, der Zeitpunkt der Erstellung der Eröffnungsbilanz und das richtige Lesen des nunmehrigen Drei-Kompo- nenten-Haushalts sind ihrer Ansicht nach die wichtigsten Herausforderun- gen für Entscheidungsträger in den Gemeinden, die es für Bürgermeister und Gemeinderäte zu meistern gilt. Für Schöpf sind auch die Abschrei- bungen eine der markantesten Änderungen: „Sie werden die harte Wahrheit über den mittelfristigen Vermögensschwund ans Tageslicht bringen. Was künftige Investitionen betrifft jedoch auch aufzeigen, was man als Gemeinde in zehn Jahren stemmen kann.“ In die gleiche Ker- be schlägt Tratter: „Bei gelungener Umsetzung entsteht eine exakte Auf- zeichnung der finanziellen Lage einer Gemeinde. Dies macht den Blick in die Zukunft und die damit verbun- dene Planung und Umsetzung von Vorhaben bedeutend einfacher.“ Für den Söldener Bürgermeister bringt die VRV 2015 zudem mehr Transparenz, denn, so Schöpf: „Der Blick auf das Vermögen einer Gemeinde ist bislang eher einseitig. Während Haftungen
und Schulden mehr oder weniger umfassend dokumentiert werden, wird das Vermögen nicht ausreichend dargestellt. Die VRV 2015 wird aufzei- gen, dass das Gemeinde-Vermögen in den meisten Fällen deutlich höher ist, als die Schulden.“
Entscheidend für eine gelungene Umsetzung wird bedachtes Vorgehen gleich zu Beginn meint Schuchter, der ganz besonders die Abschreibun- gen im Visier hat: „Eine der großen Herausforderungen ist der richtige Umgang mit Abschreibungen. Laut
§ 90 TGO muss eine Gemeinde aus- geglichene Haushalte erwirtschaf- ten. Und das kann aufgrund der Abschreibungen, vorsichtig ausge- drückt, schwierig werden. Die TGO ordnet etwas an, das schwer erfüllt werden kann. In den Anfangsjahren ist ein Garant für eine erfolgreiche Umsetzung, sozusagen der Schlüs- sel, die umsichtige Erfassung und Bewertung des Sachanlagevermögens. Es ist das ‚Startkapital‘ mit der wir bei der Erstellung der Eröffnungsbi- lanz beginnen.“ Carotta stimmt dem vollinhaltlich zu, wenn er sagt, dass „über die vorausschauende Erfassung und vor allem Bewertung des Sach-
anlagevermögens jede die Gemeinde sehr großen Einfluss auf eine korrekte Umsetzung der TGO hat und ich kann die Tücken der Abschreibungen ent- schärfen. Ein wichtiger Faktor ist es, in der Eröffnungsbilanz das abnutzba- re Anlagevermögen nach den vorhan- denen Spielregeln möglichst nied-
rig anzusetzen, um dem Druck der Abschreibungen entgegenzuwirken.“
Die Erfassung des Sachanlagever- mögens ist der erste wichtige Schritt in Vorbereitung der Eröffnungsbilanz. „Man sollte die ersten Monate 2020 jedenfalls gut nützen, um Erfahrun- gen zu sammeln. Daher empfiehlt es sich, wie ja auch die Gemeindeabtei- lung des Landes Tirol vorschlägt, den Herbst 2020 für den Beschluss der Eröffnungsbilanz anzuvisieren“, so Carotta.
Schuchter stimmt zu, legt jedoch auch nach: „Lieber genügend Zeit lassen, damit die Finanzmitarbeiter in den Gemeinden eine gute und solide Basis erarbeiten können. Allerdings – viel länger als Herbst sollte man nicht zuwarten. Denn wenn man zu spät im Jahr 2020 beschließt, könnte dies Unsicherheiten für den Haushalt 2021 erzeugen.“
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 AUS DER PRAXIS
























































































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