Page 46 - Tirol Kommunal 06 2019
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 VOM NUTZEN DER URBANITÄT IM LÄNDLICHEN RAUM
LEBENDIGE ORTE
IM GRÜNEN
 Eine gute, nachhaltige Raumplanung hilft dabei, Orte im Inneren zu
 verdichten und das Grünland darum herum zu schützen. Das tut nicht
 nur Finanzen und Ressourcen der Gemeinden gut, sondern trägt auch
 zum Klimaschutz bei.
 Nahezu jede Gemeinde in Tirol kennt das Problem der Zer- siedelung. In immer weiterer
Entfernung vom ursprünglichen Orts- kern entstehen Einfamilienhaussied- lungen, Gewerbezonen und Industrie- bauten. Häufig sind diese Gebiete nur einem Zweck gewidmet – eben dem Wohnen, dem Einkaufen oder der Arbeit –, wodurch die Gemeinden an Durchmischung verlieren. Die Wege vom Wohnort zum Arbeitsplatz, zu Freizeiteinrichtungen und Einkaufs- möglichkeiten werden immer län-
ger, traditionelle Plätze des sozialen Lebens verlieren an Bedeutung.
Um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie rasch die Bodenver- siegelung im Land voranschreitet, werden gerne Fußballfelder zum Ver- gleich herangezogen: Eines pro Tag verschwindet in Tirol unter Beton und Asphalt. Auf diese Weise wird 2050,
so der Biologe Franz Essl von der Uni- versität Wien, jede nutzbare Fläche
in Tirol verbaut sein. Dabei können Gemeinden ganz unterschiedliche Mittel ergreifen, um dem entgegen- zuwirken und ihrem Ort wieder eine klare Struktur und mehr Individualität zu verleihen.
Die Natur an erster Stelle
Als einen der wichtigsten Denkansät- ze dazu nennt Architekt Volker Mik- lautz jenen, dass „die Natur an erster Stelle kommt“ und sich der Mensch als Hüter der Natur begreifen müsse. Das bedeute, Grünland zu erhalten und die Ortskerne zu verdichten. „Ein Fünftel des gewidmeten Baulandes in Tirol ist nicht bebaut“, ergänzt Archi- tekt Christian Höller, Vorsitzender
der Sektion ArchitektInnen der Kam- mer der ZiviltechnikerInnen für Tirol und Vorarlberg, die Gemeinden seien
daher angehalten, diese Bestände zugänglich zu machen, das Bauland platz- und kostensparend zu nutzen und nachzuverdichten. Auch eine Nutzungsdurchmischung ist ein gutes Mittel, um dem Flächenverbrauch entgegenzuwirken und die Vielfalt zu fördern. Nicht zuletzt geht es darum, den öffentlichen Raum zu entwickeln und den öffentlichen Verkehr auszu- bauen.
Aus der Geschichte lernen
Um zu verdeutlichen, wie gute Stadt- und Raumplanung funktionieren kann, verweist Volker Miklautz auf Grundlagenforschungen zum Thema Städtebau und Raumentwicklung, die er mit Studierenden an der Uni- versität Innsbruck durchgeführt hat. Im Projekt „Prognostic City“ analy- sierten sie Städte seit ihrer Gründung und leiteten daraus deren weitere
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TIROL.KOMMUNAL DEZEMBER 2019














































































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