Page 39 - Tirol Kommunal 05-2020
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nicht nur auf die Durchführung der notwendigen Maßnahmen, sondern auch auf die erforderlichen regelmäßi- gen Kontrollmaßnahmen bezieht. Der Zustand des Weges ist insbesondere mangelhaft, wenn wegen Vernach- lässigung der Instandhaltung oder Bestreuung auf der Fläche unübli-
che Schäden eingetreten sind, wenn Gefahrenquellen (zB Schnee, Eis) nicht beseitigt werden oder Siche- rungseinrichtungen fehlen.
Ist zB ein Weg laut OGH für das Befahren mit Rodeln freigegeben, kann der Benützer auf dessen ver- kehrssicheren Zustand vertrauen und damit rechnen, dass keine atypischen Gefahrenquellen vorhanden sind bzw. zumindest ausreichend gekennzeich- net oder entschärft sind. Das Fehlen eines Brückengeländers im Verlauf einer kurvenreichen Rodelabfahrt wäre zB eine atypische Gefahrenquel- le.
Welche Maßnahmen ein Wege- halter im Einzelnen zu ergreifen hat, richtet sich laut ständiger Judikatur des OGH danach, was nach der Art des Weges für seine Instandhaltung angemessen und nach objektiven Maßstäben zumutbar ist. Interessant hierbei ist, dass bei kleineren Gemein- den hinsichtlich der Zumutbarkeit der zu treffenden Maßnahmen laut OGH andere Maßstäbe heranzuziehen sind als bei größeren Einheiten wie Bund oder Land bzw. große Städte.
Beweislast
Die Beweislast, dass der Schaden auf den mangelhaften Zustand eines Weges zurückzuführen ist, trifft den Geschädigten. Dieser hat auch die
Haltereigenschaft des Belangten sowie dessen grobe Fahrlässigkeit zu bewei- sen. Die Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit gilt jedoch nicht für eine vertragliche, entgeltliche Wegehalterpflicht, wie zB bei Maut- straßen, Parkplätzen, Skiabfahrten. In diesen Fällen reicht für eine Wegehal- terhaftung bereits leichte Fahrlässig- keit aus.
Haftung
Ist der mangelhafte Zustand durch Mitarbeiter/Gehilfen der Gemeinde verursacht worden, so haften diese auch selbst, aber ebenfalls nur für grobes Verschulden. Die Gemeinde als Halter kann sich durch Beauftragung von selbständigen Unternehmen von der Haftung grundsätzlich befreien. Hierfür empfiehlt sich eine konkre-
te schriftliche Beauftragung. Die Gemeinde haftet jedoch weiterhin für ein Auswahl- und Überwachungsver- schulden. In schwerwiegenden Fällen kann es neben zivilrechtlichen auch zu strafrechtlichen Konsequenzen (zB wegen fahrlässiger Körperverletzung) führen.
Grobe Fahrlässigkeit
Unter grober Fahrlässigkeit ver- steht man eine auffallende Sorglosig- keit, bei der der Eintritt des Schadens nicht nur möglich, sondern geradezu als wahrscheinlich anzusehen ist. Ob ein Schadenseintritt als wahrschein- lich voraussehbar und daher grobes Verschulden gegeben ist, ist laut OGH nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Eine Gemeinde unter- lässt zB die jährliche Überprüfung der gemeindeeigenen Wanderwege und
übersieht dadurch, dass die Bäume am Wegrand bereits morsch sind. Ein zwölfjähriger Bub stolpert auf einem 1,5 bis 2 m breiten asphaltierten Weg über eine Erhöhung von 10 cm, die durch eine in den Weg hineingewach- sene Wurzel bedingt war und verletzt sich schwer. Da dieser gefährliche Zustand schon lange bestand, nimmt der OGH in seiner Erkenntnis grobe Fahrlässigkeit an und bejaht die Haf- tung des Wegehalters.
Resümee
Vorsicht ist die Mutter der Porzel- lankiste, daher empfiehlt es sich eine ausreichende Haftpflichtversicherung abzuschließen, welche nicht nur die Schadenszahlung bei berechtigten, sondern auch die Abwehr unberech- tigter Schadenersatzforderungen über- nimmt.
Eine laufende Kontrolle und Doku- mentation der gemeindeeigenen Wege ist aus Haftungsgründen unerlässlich. Ob die Gemeinde als Wegehalter alle zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, damit eine gefahrlose Benützung ihrer Wege sichergestellt ist, ist letzt- endlich immer im Einzelfalle abzu- klären.
MAG. BERNHARD SCHARMER
FLGT-LANDESOBMANN
Untermarktstraße 5, 6410 Telfs Tel. +43 5262 6961 - 1000 bernhard.scharmer@telfs.gv.at www.flgt.at
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  AUS DER PRAXIS














































































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