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avon, dass die Unterbringung
von Flüchtlingen in einer
Gemeinde kein Honiglecken
ist, weiß der Vomper Bürgermeister
Karl-Josef Schubert ein Lied zu sin-
gen. „Wie immer du die Sache auch
angehst – du wirst ständiger Kritik
ausgesetzt sein. Die einen wollen
überhaupt keine Asylwerber im Ort
haben, die anderen plädieren dafür,
möglichst viele aufzunehmen. Als
Bürgermeister sitzt du da von Anfang
an zwischen allen Stühlen“, sagt
Schubert.
Für ihn stand dabei immer fest,
dass seine Kommune die humanitäre
Pflicht, in Not geratenen Menschen
zu helfen, erfüllen wird. „Dass wir
dieser Verpflichtung, die eigentlich
eine Selbstverständlichkeit sein soll-
te, nachkommen, kann im Umkehr-
schluss aber natürlich nicht heißen,
dass Asylwerber bis in alle Ewigkeit
in unserem Land bleiben können. Das
System muss schon so funktionieren,
dass zum Beispiel dann, wenn sich
die Lage in einer Krisenregion wieder
entsprechend beruhigt hat, Rückfüh-
rungen anzustreben sind. Ansonsten
kommen wir gerade in ländlichen
Gemeinden sehr schnell an unsere
Grenzen.“
Infrastrukturelle Probleme
Schuberts Bestreben war es, dass
Familien nach Vomp kommen. „Und
ich gebe rückblickend gerne zu, dass
ich da anfangs einige Dinge nicht
ausreichend beachtet beziehungsweise
durchaus unterschätzt habe.“
Vor allem gilt dies für die Kinder-
betreuung. Im Kindergarten sowie an
Volks- und Hauptschule bestand plötz-
lich ein deutlich gesteigerter integrati-
ver Bedarf. Schubert: „Diesbezüglich
habe ich mich von der Schulabteilung
des Landes zunächst durchaus ver-
nachlässigt gefühlt. Erst im Laufe der
Zeit wurden zusätzliche Stützlehrer
gewährt, ohne die der Mehraufwand
nicht zu stemmen gewesen wäre.“
Der Vomper Bürgermeister rät
Amtskollegen in jedem Fall, sich in
diesen Dingen bereits vor der Annah-
me von Flüchtlingen abzusichern.
Außerdem rät Schubert, eine Begren-
zungsvereinbarung mit der Tiroler
Soziale Dienste GmbH hinsichtlich
der Zahl der aufzunehmenden Flücht-
linge zu treffen. „Das haben wir in
Vomp auch gemacht und hatten damit
zumindest einen gewissen Anhalts-
punkt, was auf uns zukommt. Die
Plätze sind auch in unserer Marktge-
meinde beschränkt.“
Auch in Vomp war zunächst die
Unterbringung von deutlich mehr
als 140 Asylwerbern angedacht. Für
Bürgermeister Schubert wäre dies aber
sozial schlichtweg nicht verträglich
gewesen. „Bei aller Hilfestellung für
diese armen Menschen, die zum Teil
Schon im Jahr 2010 sind im Stift Fiecht in der Gemeinde Vomp 24 unbegleitete
minderjährige Flüchtlinge eingezogen. Das Ende der Fahnenstange war damit noch
längst nicht erreicht. Vier Jahre später folgten weitere 16 Asylwerber, die in einem
Privathaus untergebracht wurden. Und 2015 schließlich ein Schwung mit 100
Personen, die in der aufgelassenen Frundsbergkaserne eine Bleibe fanden.
VON PETER LEITNER
GEMEINDE VOMP HAT SCHWIERIGE ZEIT HINTER SICH
FLÜCHTLINGSWESEN IN TIROL:
BÜRGERMEISTER
ZWISCHEN DEN STÜHLEN
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TIROL.KOMMUNAL JUN 2017
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