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I
m Zusammenhang mit Vergabever-
fahren drohen strafrechtliche Kon-
sequenzen für bestimmte verpönte
Handlungen, somit auch bei Beschaf-
fungen im Gemeindebereich. Dabei
haben selbst Gemeindeorgane mit ent-
sprechenden Folgen zu rechnen.
Unter strafrechtlicher Sanktion stehen
„wettbewerbsbeschränkende Abspra-
chen bei Vergabeverfahren“. Mit
§ 168b StGB wurde dabei ein eigener
„vergaberelevanter“ Straftatbestand
geschaffen. Danach ist zu bestrafen,
wer bei einem Vergabeverfahren einen
Teilnahmeantrag stellt, ein Angebot
legt oder Verhandlungen führt, die
auf einer rechtswidrigen Abspra-
che beruhen, die darauf abzielt, den
öffentlichen Auftraggeber zur Annah-
me eines bestimmten Angebots zu
veranlassen. Ob eine Abmachung über
ein bestimmtes Verhalten rechtswidrig
ist, bestimmt sich nach dem Maßstab
des Kartellrechts. Insbesondere sind
danach Preisabsprachen und aufein-
ander abgestimmte Verhaltensweisen,
z.B. das abgestimmte Abgeben von
Angeboten jeweils nur für bestimm-
te Lose, rechtswidrig. Der Tatbestand
ist erfüllt, selbst wenn der erwartete
Erfolg nicht eingetreten ist. Gemein-
deorgane können als Beitrags- oder
Bestimmungstäter strafbar werden,
wenn sie an derartigen Absprachen
mitwirken.
Auch das Delikt der „Untreue“ nach
§ 153 StGB kann im Vergabeverfahren
zur Anwendung kommen. Täter nach
dieser Bestimmung sind u.a. Perso-
nen, denen durch Gesetz, behördli-
chen Auftrag oder Rechtsgeschäft eine
Befugnis zur Verfügung über fremdes
Vermögen eingeräumt wurde oder die
einen anderen verpflichten dürfen und
die diese Befugnis wissentlich miss-
brauchen und dadurch einem anderen
einen Vermögensnachteil zufügen. Es
ist ausreichend, dass Vermögensnach-
teile auch nur vorübergehend eintre-
ten. Die Befassung mit Aufgaben der
Privatwirtschaftsverwaltung, zu der
auch Beschaffungsvorgänge zählen,
stellt einen behördlichen Auftrag im
Sinne des Gesetzes dar. Bürgermeister,
denen die Verfügungs- bzw. Verpflich-
tungsbefugnis per Gesetz eingeräumt
ist, oder auch Gemeindesekretäre
können Untreue verwirklichen. Eine
Mitentscheidungsbefugnis reicht für
die Annahme der unmittelbaren Täter-
schaft aus. Personen, die nicht selbst
Befugnisträger sind, können das Delikt
als Beteiligte begehen. Die Strafge-
richtsbarkeit hat u.a. die wissentliche
Annahme eines überhöhten Angebots
oder die Unterlassung einer öffentli-
chen Ausschreibung zugunsten einer
Direktvergabe an einen Unternehmer
zu überhöhten Preisen als Deliktsver-
wirklichung angesehen.
Letztlich finden auch die Bestimmun-
gen über Betrug nach § 146 StGB
sowie die Korruptionsstraftatbestände
(§ 304 StGB – Bestechlichkeit; § 305
StGB – Vorteilsannahme und § 306
StGB – Vorteilsannahme zur Beeinflus-
sung/„Anfütterung“) Anwendung.
AUCH IM FALLE VON BETRUG GIBT ES SCHARFE RECHTLICHE KONSEQUENZEN
STRAFRECHTLICHE FOLGEN BEI
VERGABERECHT-VERSTÖSSEN
Wer bei einem Vergabeverfahren einen Teilnahmeantrag stellt, ein Angebot legt
oder Verhandlungen führt, die auf einer rechtswidrigen Absprache beruhen, die
darauf abzielt, den öffentlichen Auftraggeber zur Annahme eines bestimmten
Angebots zu veranlassen, ist zu bestrafen.
VON DR. SIGMUND ROSENKRANZ
Bei Vergabeverfahren ist aus rechtlicher Sicht große
Sorgfalt geboten. Die Folgen können sonst durch-
aus schwerwiegend sein.
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TIROL.KOMMUNAL JUN 2017
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