TKOM_06_2017 - page 12

Welche Mittel haben Sie dafür ange-
wandt?
Das Um und Auf war zunächst,
eine aktive Pressestelle aufzubauen.
Da kam mir natürlich meine journalis-
tische Erfahrung zu Gute. Auch wenn
selbst die Landesverbände ursprüng-
lich skeptisch waren, stellte sich
schnell heraus, dass Berichte in den
Medien deutlich mehr bewirken als
hunderte von Resolutionen.
Da scheint viel Überzeugungsarbeit
notwendig gewesen zu sein?
Ich sage so: Wir haben ein relativ
hartes Match gespielt – und das sehr
erfolgreich.
Was war eines der prägendsten
Erlebnisse in der Zeit Ihrer Präsi-
dentschaft?
Da ist ohne Zweifel die Abschaf-
fung der Getränkesteuer im Jahr 1999
zu nennen. Es ging damals um nicht
weniger als 4,8 Milliarden Schilling.
Und in zahlreichen Gemeinden droh-
te regelrecht das Licht auszugehen.
Es war damals auch die Zeit, als
ich Kanzler Wolfgang Schüssel klar
machen musste, dass er zwar partei-
politisch mein Chef ist, ich aber die
Interessen der österreichen Kommu-
nen zu vertreten habe.
Es hat dann aber auch Schüssel ein-
gelenkt.
Wir hatten heftige Kämpfe auszu-
fechten, aber letztlich hat der Kanzler
sehr wohl erkannt, dass Ersatzmaß-
nahmen zu treffen sind. Auch die
Medien waren damals für unser Anlie-
gen sehr hilfreich. Das muss man sich
vorstellen: Ein Drittel der Gemeinden
wäre durch die Getränkesteuerabschaf-
fung schlichtweg ruiniert gewesen.
Nachdem einer Ersatzlösung gefun-
den worden war, gab es ein großes
Aufatmen.
Über eben diese Ersatzlösung, die
an die Mehrwertsteuer gekoppelt wur-
de, konnten wir immerhin vier Milliar-
den Schilling lukrieren und halbwegs
einen Ausgleich schaffen. Der Öster-
reichische Gemeindebund hatte damit
eine ganz große Bewährungsprobe
bestanden.
Die Finanzen der Gemeinden wer-
den immer ein Thema bleiben. Wie
bewerten Sie die aktuelle Situation?
Die Gemeinden haben weniger ein
Einnahmenproblem, sondern ein Aus-
gabenproblem, das ein verordnetes ist.
Die diversen Vorschreibungen haben
das erträgliche Ausmaß längst über-
schritten.
Aber welche Gegenmaßnahmen
können ergriffen werden?
Ganz klar: Die so genannten Trans-
ferzahlungen sind mit den Einnahmen
zu deckeln. In Salzburg haben wir das
hinsichtlich der Spitalsfinanzierung
bereits geschafft. Da gilt es dran zu
bleiben. Denn wir wissen, dass viele
Gemeinden mit Geld alls andere als
gesegnet sind.
Nennen Sie weitere mögliche Maß-
nahmen!
Bedarfszuweisungen müssen ver-
stärkt auf strukturschwache Gemein-
den gelegt werden. Es ist enorm
wichtig, dass dieses Ausgleichssys-
tem funktioniert. Insgesamt gilt es,
die Zusammenarbeit zwischen den
Gemeinden zu stärken. Denn nicht
überall gibt es Tourismus oder Gewer-
be, die Geld in die Gemeindekassen
spülen. Eingerichtet wurde auch ein
Strukturfonds, aus dem Gemeinde in
besonders schwierigen Verhältnissen
Mittel lukrieren können. Und ich plä-
diere ganz stark an den Solidaritätsge-
danken in der Form, dass finanzstarke
Gemeinden auch an die schwächeren
denken.
Wie stehen sie zu Gemeinde-Zusam-
menlegungen, wie sie etwa in der
Steiermark praktiziert wurden?
Eben die Steiermark hat inzwi-
schen geszeigt, dass der wirtschaftli-
che Nutzen von Zusammenlegungen
weit geringer ist, als angenommen
wurde. Meine Meinung ist da glasklar:
Zusammenlegungen darf es nur
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