TKOM_2017_04_ - page 34

EU-RECHT MUSS BIS MITTE SEPTEMBER IN ÖSTERREICHISCHES RECHT UMGESETZT WERDEN
DEBATTEN UM NEUES
BUNDESVERGABEGESETZ
Wann kommt nun das Bundesverga-
begesetz 2017?
Christian Fink:
Eigentlich hätte das
EU-Vergabe-Richtlinienpaket bereits
im April 2016 in Österreich umgesetzt
werden müssen. Der Gesetzgeber hat
sich so lange Zeit gelassen, dass von
der EU-Kommission bereits ein Ver-
tragsverletzungsverfahren eingeleitet
wurde. Spätestens Mitte September
2017 muss das „neue“ EU-Vergabe-
recht in österreichisches Recht „gegos-
sen“ sein, andernfalls drohen Straf-
zahlungen.
Daniel Fügenschuh:
In diesem
Zusammenhang ist ärgerlich, dass der
Entwurf für ein BVergG 2017 erst im
Februar 2017 aufgelegt wurde. Diskus-
sionen über die Inhalte sind alleine
wegen des knappen Umsetzungszeit-
raums kaum möglich. Dabei enthält
der besagte Entwurf gerade bei der
Vergabe geistiger Dienstleistungen
einige „Hämmer“.
Was sind diese „Hämmer“?
Daniel Fügenschuh:
Im ursprüngli-
chen Entwurf vom Februar 2017 ist
der Begriff „geistige Dienstleistungen“
nur mehr bei den Definitionen und bei
den Wettbewerben vorgekommen. Bei
der Pflicht zum Verhandlungsverfah-
ren und bei der verpflichtenden Wahl
des Bestangebotsprinzips hat er keine
Erwähnung mehr gefunden. Aus Sicht
der Kammer der ZiviltechnikerInnen
muss unmissverständlich klargestellt
sein, dass geistige Dienstleistungen –
sofern kein Wettbewerb durchgeführt
wird – in einem Verhandlungsverfah-
ren mit Qualitätszuschlagskriterien
(Bestangebotsprinzip) zu vergeben
sind.
Christian Fink:
In diesem Zusammen-
hang haben die Einwände der Bun-
deskammer der ZiviltechnikerInnen
durchaus etwas gebracht. In einem
überarbeiteten Gesetzesentwurf vom
Juni 2017 wird durch einen zusätzli-
chen Halbsatz klargestellt, dass geisti-
ge Dienstleistungen einerseits im Ver-
handlungsverfahren und andererseits
im Bestangebotsprinzip zu vergeben
sind.
Welche weiteren Probleme werden
bei geistigen Dienstleistungen gese-
hen?
Christian Fink:
Aus meiner Sicht
besteht das praktisch größte Prob-
lem bei der Zusammenrechnungs-
regel bei Dienstleistungen. Bisher
müssen gleichartige Dienstleistungen
eines Vorhabens zusammengerech-
net werden. Nunmehr fällt das Wort
„gleichartig“ weg, was befürchten
lässt, dass alle Dienstleistungen eines
Bauvorhabens bei der Auftragswert-
berechnung zu berücksichtigen sind.
Dies gilt für die Planungsleistungen,
die Projektsteuerung, die örtliche Bau-
aufsicht und allfällige Beratungsleis-
tungen von Wirtschaftstreuhändern
und Rechtsanwälten gleichermaßen.
Bei kommunalen Bauvorhaben ist eine
Vergabe im Unterschwellenbereich
kaum mehr möglich.
Wie stellt sich die rechtliche Situa-
tion bei der Vergabe von baunahen
Dienstleistungen zurzeit dar?
Christian Fink:
Seit einer Entschei-
dung des Europäischen Gerichtshofes
Seit Monaten wird über ein neues Bundesvergabegesetz 2017 (BVergG 2017) diskutiert
Architekt DI Daniel Fügenschuh, Vorsitzender der Sektion Architekten in der Kammer
der ZiviltechnikerInnen, und Rechtsanwalt Dr. Christian Fink, Vergabejurist, sprechen
über das BVergG 2017, geistige Dienstleistungen und Architektenwettbewerbe.
-34-
TIROL.KOMMUNAL AUG 2017
1...,24,25,26,27,28,29,30,31,32,33 35,36,37,38,39,40,41,42,43,44,...60
Powered by FlippingBook