TKOM_2017_04_ - page 35

(EuGH) im Jahr 2012 sind für mich
alle Planungsleistungen, die einem
Bauvorhaben dienen, bei der Auf-
tragswertberechnung gemeinsam zu
betrachten.
Überschreiten deren Auftragswer-
te in Summe einen Betrag von EUR
209.000,- (exkl. USt), müssen sämt-
liche Planungsleistungen EU-weit
ausgeschrieben werden. Nach über-
wiegender Ansicht sind die baunahen
Konsulentenleistungen wie Projekt-
steuerung, örtliche Bauaufsicht und
begleitende Kontrolle derzeit nicht den
Planungsleistungen hinzuzurechnen.
Für die Wahl der Vergabeverfahren ist
alleine deren (geschätzter) Auftrags-
wert maßgeblich. Mit dem BVergG
2017 steht zu befürchten, dass auch
die angeführten Konsulentenleistun-
gen in die Gesamtauftragswertberech-
nung einzubeziehen sind.
Daniel Fügenschuh:
Dies hätte zur
Folge, dass kaum noch geladene Wett-
bewerbe gewählt werden könnten.
Immerhin ist zu hoffen, dass verstärkt
offene Wettbewerbe durchgeführt
werden. Gehäufte offene Wettbewer-
be hätten auch entsprechend niedrige
Teilnehmerzahlen zur Folge. Im Übri-
gen bestehen aus Sicht der Kammer
durchaus Argumente, wonach nicht
sämtliche Planungsleistungen zwin-
gend zusammenzurechnen sind.
Christian Fink:
Ich fürchte, dass die-
ser Zug bereits abgefahren ist. Es wäre
bereits ein Erfolg, wenn im Sinne der
EuGH-Rechtsprechung in den Mate-
rialien zum BVergG 2017 klargestellt
wird, dass das Zusammenrechnungs-
gebot ausschließlich Planungen, nicht
aber baunahe Konsulentenleistungen
umfasst.
Wie kann eine sinnvolle Vergabe
von Planungsleistungen bei kom-
munalen Bauvorhaben sichergestellt
werden?
Daniel Fügenschuh:
Man müsste den
Oberschwellenwert bei Planungsleis-
tungen in ein sinnvolles Verhältnis
zum Oberschwellenwert bei Aus-
führungsleistungen bringen. Immer
häufiger zeigt sich, dass aufgrund der
verschärften EuGH-Rechtsprechung
Planungsleistungen EU-weit ausge-
schrieben werden müssen, während
die Ausführungsleistungen noch lange
im Unterschwellenbereich angesiedelt
sind und vereinfacht vergeben werden
können.
Christian Fink:
Diese Beobachtung
kann ich bestätigen. Bei üblichen
kommunalen Bauvorhaben bereitet die
Vergabe von Ausführungsleistungen
aus rechtlicher Sicht kaum Probleme.
Bei den Planungsvergaben wird jedoch
häufig das Vergaberecht verletzt. Geht
man von einem Gesamtplanerho-
norar von 15% der Baukosten aus,
dürfte der Oberschwellenbereich bei
Planungsleistungen in Relation zum
Oberschwellenbereich bei der Ausfüh-
rung (EUR 5.225.000,-- [exkl. USt])
erst bei rund EUR 750.000,-- (exkl.
USt) beginnen. Dann könnten auch
in sinnvoller Weise wieder geladene
Wettbewerbe durchgeführt werden.
Bis es zu einer Anhebung der Schwel-
lenwerte kommt, kann zumindest ein
Leitfaden für die Vergabe von geistigen
Dienstleistungen, der im Herbst 2017
von der Bundeskammer der Ziviltech-
nikerInnen herausgegeben wird und
an dem wir beide mitarbeiten, eine
gewisse Hilfestellung bieten.
RA DR. CHRISTIAN FINK
Vergabejurist, Wien
ARCHITEKT DI DANIEL FÜGENSCHUH
Sektionsvorsitzender Architekten
der Kammer der ZiviltechnikerInnen
für Tirol und Vorarlberg
Rennweg 1, 6020 Innsbruck
__/
/
Man müsste den Oberschwellenwert bei
Planungsleistungen in ein sinnvolles Verhältnis zum
Oberschwellenwert bei Ausführungsdienstleistungen
bringen.
/
/
__
-35-
AUS DER PRAXIS
1...,25,26,27,28,29,30,31,32,33,34 36,37,38,39,40,41,42,43,44,45,...60
Powered by FlippingBook