TKOM_Produktionsvorlage_05_2018_web - page 40

1. Das Thema „leistbares Wohnen“
bewegt bereits seit langem die Gemü-
ter. Insbesondere in den westlichen
Bundesländern Österreichs sind –
nicht zuletzt aufgrund der geringen
Flächen, die für die Verwirklichung
raumordnungspolitischer Vorhaben
zur Verfügung stehen – die Preise für
Grund und Boden in den vergange-
nen Jahren in scheinbar astronomi-
sche Höhen gestiegen. Da das reale
Erwerbseinkommen der Bevölkerung
deutlich hinter dieser Entwicklung
zurückgeblieben ist, ist das Wohnen
in diesen Bundesländern, insbeson-
dere auch im Bundesland Tirol, zu
einem Problem herangereift, das als
solches nicht mehr über den Markt
reguliert werden kann, sondern viel-
mehr ein Eingreifen des Gesetzgebers
erforderlich macht.
(Vgl. diesbezüglich den
Initiativantrag der Abgeordneten Gabriela Moser
vom 29.06.2017, 2272/A XXV. GP, mit dem
eine Stärkung der Länder durch Zuweisung von
Kompetenzen auf dem Gebiet der Baulandmobi­
lisierung angeregt wird.)
Es verwundert in Anbetracht der
Bodenknappheit in Tirol nicht, dass
der Tiroler Landesgesetzgeber eine
„Vorreiterrolle“ übernommen und
mit der Novelle zum Tiroler Raum-
ordnungsgesetz LGBl Nr. 93/2016
die Deckung des Grundbedarfes an
Wohnraum zu angemessenen Prei-
sen zu einer ausdrücklichen Aufgabe
und einem erklärten Ziel der örtlichen
Raumordnung gemacht hat.
Da die Verwirklichung der örtlichen
Raumordnung bereits von Verfassung
wegen zu jenen Aufgaben zählt, die
die Gemeinden gemäß Art. 118 Abs. 3
B-VG im eigenen Wirkungsbereich zu
erfüllen haben
(Art. 118 Abs. 3 Z. 9 B-VG:
örtliche Raumplanung; dazu näher Walzel v.
Wiesentreu, Das System der Raumordnung
im Kontext des rechtsstaatlichen Prinzips, in:
Tiroler Rechtsanwaltskammer (Hrsg.), Rubriken
– Anwaltliche Bestandsaufnahmen (2005) 235
ff.)
, hat der Tiroler Landesgesetzgeber
folgerichtig primär den Gemeinden
aufgetragen, sich dieses Zieles anzu-
nehmen. So gibt das TROG 2016 den
Gemeinden u. a. auf, „Vorsorge für die
bestimmungsgemäße Verwendung des
Baulandes und der bestehenden Bau-
substanz insbesondere zur Deckung
des Grundbedarfes an Wohnraum und
an Flächen für Zwecke der Wirtschaft
zu angemessenen Preisen“ zu treffen.
(§ 27 Abs. 2 lit. d TROG 2016.
) Die Verwirk-
lichung soll dabei vor allem im Wege
der sog. „Vertragsraumordnung“
erfolgen.
(Zur Vertragsraumordnung umfas­
send Kleewein, Vertragsraumordnung (2003)
passim.)
Korrespondierend dazu eröff-
net § 33 TROG 2016 den Gemeinden
ausdrücklich die Möglichkeit, dieses
Ziel durch Abschluss entsprechender
privatrechtlicher Vereinbarungen zu
erreichen zu suchen.
Der Tiroler Landesgesetzgeber geht
offensichtlich davon aus, dass es den
Gemeinden möglich sei, die im TROG
vorgegebenen Ziele im Zusammen-
spiel von hoheitlichem Widmungsakt
und vertraglicher Absicherung der mit
der Widmungsentscheidung verfolg-
ten raumplanerischen Zwecksetzung
realisieren zu können.
KOMMUNEN MÜSSEN VORSORGE FÜR BESTIMMUNGSGEMÄSSE VERWENDUNG VON BAULAND TREFFEN
INTERESSENTENREGELUNG
AUCH FÜR DIE
TIROLER GEMEINDEN?
Wer kann sich das Wohnen noch leisten? Die Preise für Grund und Boden befinden
sich in schwindelerregenden Höhen. Gerade auch in Tirol ist die Leistbarkeit kaum
noch gegeben. Das Eingreifen des Gesetzgebers scheint mittlerweile unausweichlich.
VON RA UNIV.-DOZ. DR. THOMAS WALZEL VON WIESENTREU
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TIROL.KOMMUNAL OKT 2018
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