TKOM_Produktionsvorlage_05_2018_web - page 42

ist, die Möglichkeit, dass ein Landwirt
anstelle des Nichtlandwirtes in den
entsprechenden Kaufvertrag eintritt.
Der Zweck der Regelung besteht
darin, land- und forstwirtschaftlichen
Grund auch weiterhin einer land- und
forstwirtschaftlichen Nutzung vorzu-
behalten, was im Falle des Erwerbes
durch einen Landwirt eher gewährleis-
tet scheint als im Falle des Erwerbes
durch einen Nichtlandwirt, mag dieser
auch die nachhaltige ordnungsgemä-
ße Bewirtschaftung der erworbenen
Grundstücke gleichermaßen gewähr-
leisten. Der Verfassungsgerichtshof hat
die diesbezüglichen Regelungen jeden-
falls für verfassungskonform erachtet.
(VfSlg. 19.783/2013; 19.817/2013)
3. Auch wenn das Interessenten­
modell des TGVG lediglich im Falle des
Erwerbes land- oder forstwirtschaftli-
cher Grundstücke zum Tragen kommt,
erhebt sich dennoch die Frage, ob
dieses Modell nicht auch für andere
bodenpolitische Zielsetzungen als die
Erhaltung landwirtschaftlicher Grund-
flächen, namentlich für die Herstel-
lung der Bedingungen des leistbaren
Wohnens, nutzbar gemacht werden
könnte. Als Interessent hätte diesfalls
allerdings nicht ein Landwirt, sondern
eine Gemeinde, der Tiroler Boden-
fonds oder eine als gemeinnützig aner-
kannte Bauvereinigung aufzutreten.
Eine Erweiterung des Interessenten-
modelles im Bereich des land- und
forstwirtschaftlichen Grundverkehrs
durch Einbeziehung der genann-
ten Körperschaften in den Kreis der
Interessenten scheint nur vordergrün-
dig wenig geeignet, das Problem des
leistbaren Wohnens einer Lösung
zuzuführen, da mit der derzeit gel-
tenden Interessentenregelung schwer-
punktmäßig land- und forstwirtschaft-
liche Zwecke verfolgt werden. Sie
dient dazu, leistungsfähige land- oder
forstwirtschaftliche Betriebe zu schaf-
fen, zu erhalten oder zu stärken.
(Vgl.
§6 Abs.1 TGVG.)
Ein in diesem Zusam-
menhang der Gemeinde oder einem
anderen Rechtsträger eingeräumtes
Eintrittsrecht wäre hingegen von
gänzlich anderen Zielsetzungen, näm-
lich der Schaffung von Baugrund zu
erschwinglichen Preisen, geleitet und
stünde damit in diametralem Wider-
spruch zu den eigentlichen Zweckset-
zungen der Interessentenregelung im
Bereich des land- und forstwirtschaft­
lichen Grundverkehrs.
Anders liegt die Situation allerdings
dort, wo es sich um land- oder forst-
wirtschaftlichen Grund handelt, der
lediglich formal die entsprechenden
Voraussetzungen als solcher aufweist,
tatsächlich aber auch einer Umwid-
mung in Bauland und damit zugleich
einer diesbezüglichen Nutzung
zugänglich wäre, ohne dass mit der
Umwidmung dem Ziel der Erhaltung
land- und forstwirtschaftlicher Flächen
widersprochen werde. Der Tiroler Lan-
desgesetzgeber hat auf diese Umstän-
de ausdrücklich Rücksicht genommen.
Betrachtet man die Bestimmungen des
TGVG betreffend den „Grünen Grund-
verkehr“ näher, so zeigt sich, dass das
Gesetz die ausdrückliche Möglichkeit
enthält, Rechtserwerbe an Grundstü-
cken im Freiland durch als gemeinnüt-
zig anerkannte Bauvereinigungen zu
genehmigen, sofern bestimmte Vor-
aussetzungen erfüllt sind.
(Vgl. §6 Abs.9
TGVG.)
Die Voraussetzungen stehen
dabei in engem Zusammenhang mit
der Verwirklichung der Zwecke des
geförderten Wohnbaus und setzen
eine entsprechende Widmungsabsicht
der Gemeinde in diesem Sinne voraus.
Wie sich aus § 6 Abs. 9 TGVG erhellt,
ist auch hinsichtlich land- und forst-
wirtschaftlicher Grundstücke durchaus
ein differenzierter Maßstab anzulegen.
Einen absoluten Schutz der beste-
henden land- und forstwirtschaftli-
chen Nutzung gewährleisten lediglich
Raumordnungsprogramme im Sinne
des § 7 Abs. 2 lit. a TROG 2016, die
festlegen, dass bestimmte Gebiete
oder Grundflächen ausdrücklich für
die Landwirtschaft, zur Erhaltung der
Landschaft oder ökologisch wertvoller
Gebiete zum Schutz von Wasservor-
kommen etc. freizuhalten sind. Land-
wirtschaftliche Flächen, die als solche
nicht in ein entsprechendes Raumord-
nungsprogramm aufgenommen sind,
können letztlich auch einer anderen
Nutzung zugänglich gemacht werden,
sofern die Voraussetzungen des § 6
Abs. 9 TGVG erfüllt sind.
Da der Gesetzgeber in qualitativer
Hinsicht ausdrücklich zwischen land-
wirtschaftlichen Flächen, die jeden-
falls zur landwirtschaftlichen Nutzung
vorbehalten sind und landwirtschaft-
lichen Flächen, die auch einer ande-
ren Nutzung zugänglich gemacht
werden können (und als solche auch
dürfen), unterscheidet, ist nicht ein-
zusehen, dass gerade mit Hinblick
auf die letztgenannte Kategorie von
Grundstücken den Gemeinden keine
stärkere Zugriffsmöglichkeit eröffnet
werden kann und soll, als sie nach
derzeit geltendem Recht gegeben ist.
Danach sind Rechtserwerbe auch an
land- und forstwirtschaftlichen Grund-
stücken durch eine Gemeinde von
der Genehmigungspflicht ausgenom-
men, wenn der Rechtserwerb unmit-
telbar oder mittelbar zur Erfüllung
der der Gemeinde obliegenden Auf-
gaben benötigt wird und das betref-
fende Grundstück im Gebiet dieser
Gemeinde liegt.
(Vgl § 5 lit. f TGVG.)
Ein
„Aufgriffsrecht“ im Sinne der Interes-
sentenregelung kommt der Gemeinde
allerdings auch in diesen Fällen nicht
zu.
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TIROL.KOMMUNAL OKT 2018
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