TKOM_Produktionsvorlage_05_2018_web - page 44

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enau 330 Jahre ist es her, dass
in der Wiener Innenstadt eine
öffentliche Beleuchtung mit
Laternen installiert wurde. Vor 200
Jahren wurden auf den Straßen die
ersten Gaslichter, vor mehr als 140
Jahren die ersten elektrischen Lampen
in Betrieb genommen. Heute erhellen
mehr als 244.000 Lampen die Stadt,
die Lichtmenge ist in den vergange-
nen 30 Jahren um 150 Prozent gestie-
gen. Nicht viel anders verhält es sich
in Innsbruck oder Lienz, die in den
1880er-Jahren eine elektrische Stra-
ßenbeleuchtung erhielten, sowie in
anderen städtischen oder touristischen
Zentren Tirols – es wird nachts immer
heller.
Finstere Zeiten?
Das Verschwinden der Dunkelheit
hat der US-amerikanische Autor Paul
Bogard in seinem Buch „Die Nacht.
Reise in eine verschwindende Welt“
thematisiert und Vergleiche zwischen
der Zeit vor der Elektrifizierung und
heute angestellt. Auf der von Astrono-
men verwendeten Bortle-Skala, die das
Verhältnis zwischen künstlicher und
natürlicher Helligkeit misst, erreichen
Innenstädte im 21. Jahrhundert laut
Bogard nachts einen Helligkeitswert
von neun, während die Menschen
in der Mitte des 19. Jahrhunderts
einen Wert von zwei bis drei gewohnt
waren. Wie finster es damals war,
können wir etwa Grimms Märchen
entnehmen, deren Helden sich allzu
oft nachts alleine im dunklen Wald
wiederfinden.
Positives Beispiel: Glurns in Südtirol erhielt 2015
eine neue Straßenbeleuchtung.
„Nichts Überflüssi-
ges“ lautete das Motto der ausführenden Firma ewo:
Die Lampen strahlen nicht nach oben, sodass der
Nachthimmel dunkel bleibt. Nebenstraßen sind we-
niger stark beleuchtet als Hauptstraßen und Plätze.
ÜBER DEN WERT VON STILLE, DUNKELHEIT, LEERE & SCHÖNHEIT
DUNKLE FLECKEN,
RUHEZONEN
Wir sind es gewohnt, dass uns Verkehrslärm umgibt,
dass in Restaurants Musik läuft und dass die
Innenstädte von Lichtreklamen hell erleuchtet sind.
Stille und Dunkelheit, Leere und Schönheit treten
immer weiter in den Hintergrund. Zum Ende des
Sommers möchten wir uns ganz grundsätzlich dem
Wert dieser Dinge widmen.
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TIROL.KOMMUNAL OKT 2018
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